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Eine biographische Beschreibung Franz Bendas*

*Der Text liegt in der vom Verfasser vorgelegten und bei der Universität Regensburg am 01.09.2019 eingerichteten unveröffentlichten Masterarbeit "Die Urquellen Franz Bendas (1709-1786): Eine quellenkundliche Grundlage zur Benda-Forschung" (S. 12-17). 

1709 in Alt Benatky geborener Franz Benda zeigte in seiner Jugend als vortrefflicher Sänger sein musikalisches Talent. Um 1720 wurde er als Diskantsänger am Benediktinerkloster der St. Nikolaikirche in Prag angestellt, wo er „nach einem Jahre seines dasigen Aufenthalts allen anderen Prager Sopranisten vorgezogen wurde.“[1] Wegen seiner vortrefflichen Leistung wurde er bald nachher als Kapellknabe im kirchlichen Chor der Dresdner Hofkapelle angenommen. Benda konnte jedoch dort nicht lang bleiben, da er Heimweh hatte und schließlich nach Heimat zurückkehrte. Nach dem kurzen Aufenthalt in der Heimat ging er wieder nach Prag und sang wieder als Altsänger in einem jesuitischen kirchlichen Chor.

Im Augst 1723 beteiligte er sich in Prag als Chorsänger an der Aufführung von der Oper Costanza e Fortezza, die damaliger Wiener Hofkapellmeister Johann Joseph Fux (1660-1741) anlässlich der Krönung Karls VI. komponiert wurde. Bei der Aufführung lernte Benda Johann Joachim Quantz (1697-1773), die Brüder Graun (Johann Gottlieb 1701/02-1771, und Carl Heinrich 1703/04-1759) und Sylvius Leopold Weiss (1686-1750) kennen, die zum Teil die nachherigen Kollegen in der preußischen Hofkapelle geworden sind. Bald verlor er seine Altstimme und kehrte wieder nach Heimat.

Während seines Aufenthalts in der Heimat dachte er, sich musikalisch nicht mehr ausbilden zu lassen, sondern ein Meister vom Kuchenbäcker zu werden, damit er mit einer Tochter des Bürgermeisters verheiraten konnte. Jedoch blieb er im musikalischen Weg, da Graf von Kleinau, der die Heimat Bendas regierte und die musikalische Fähigkeit Bendas hochschätzte, ihm weitere Förderung gab. Nun ließ Benda sich als Geiger ausbilden. Seit seiner Kindheit begann er schon das Geigenspiel, und während der Aktivität als Sänger hörte er es jedoch nicht auf. Bis ca. 1726 wurde er erfolgreich als ausgezeichneter Geiger anerkannt. Er bildete sich noch bis ca. 1729 in Prag, Wien und Sibiu aus, durch die Aufführungen bei den Höfen der Edelleuten und die Abschreibung der zahlreichenden Geigenkompositionen. 

 

Um 1730 trat Benda und seine Kollegen, die er während seiner Ausbildung in Osteuropa kennenlernte, endlich in eine Hofkapelle, die vom in der Nähe von Warschau gewohnten Starosten in seinem Hof aufgestellt wurde, ein. In dieser Hofkapelle bekam Benda die Kapellmeisterstelle, jedoch wollte er dort nicht lang bleiben, denn bei ihm „regte sich doch immer die Sehnsucht, Deutschland wieder zu sehen.“[2] Endlich 1733 wurde Benda vom damaligen preußischen Kronprinzen Friedrich zu seiner Hofkapelle eingeladen, die Friedrich in seinem Hof in Ruppin aufstellte. Doch vorhin, nämlich im Januar 1732 ist er in der polnischen Hofkapelle als Geiger angestellt worden, bekam er dennoch die Einladung vom preußischen Kronprinzen, die von J. J. Quantz, der damals noch der in Dresdner Hofkapelle angestellte Hofmusiker war aber jährlich den Hof Friedrichs besuchte und dort ihn unterrichtete, vermittelt wurde.

Dort wurde Benda erst von J. G. Graun, der schon 1732 als Geiger in die Hofkapelle Friedrichs eintrat, die Kompositionslehre unterrichtet. Zusätzlich wurde er sie von Johann Joachim Quantz und C. H. Graun bei ihrem Besuch zur Hofkapelle auch gelehrt.[3] Zuweilen stellte Benda sich als Tenorsänger seine Singkunst vor, dies wurde aber nach der Beteiligung C. H. Grauns an der Hofkapelle als besuchter Tenorsänger um 1735 komplett aufgehört. Während seiner Betätigung in der kronprinzlichen Hofkapelle zeigte Benda den großen Fortschnitt in der kompositorischen Fähigkeit, dass er „es hierauf eine Sinfonie, und weiter hin auch Concerte zu komponieren“ gewagt habe.[4]

 

Bei der Eröffnung der königlichen Hofkapelle im Jahr 1740 ist die Konzertmeisterstelle von J. G. Graun angenommen worden. Stattdessen wurde Benda in der Hofkapelle als „Premier Geiger“ angestellt, der als allgemeiner Berater der Musikpflege in der Hofkapelle tätig gewesen sein müsste. Bei der königlichen Kammermusik, die als privates Musikfeld Friedrichs funktionierte, wurde Benda stets als Konzertmeister gestanden und fuhr das Kammerorchester aus, das hauptsächlich nur für die Begleitung der von Friedrich geblasenen Flötenkonzerte angelegt worden ist. Obwohl Benda nach dem Tod Grauns 1771 wieder als Konzertmeister in der Hofkapelle angestellt wurde, müsste die Anstellung ehrlich gewesen sein, da er um 1770 wegen seiner Krankheit nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Geige in der Öffentlichkeit spielen zu lassen.[5] Bis wann Benda in der höfischen Musik Friedrichs tätig gewesen ist, ist unklar. Die Stelle „Premier Geiger“ wurde von niemanden übernommen.

 

Es bleibt ziemlich auch im Dunkel, bis wann Benda tatsächlich komponierte; laut seiner Autobiographie habe er bis 1751 fast alle seine Kompositionen verfertigt, da er außer einige Violinsonaten „der täglichen Dienste und der häuffigen Information wegen, seit 12. Jahr fast nichts neiies Mehr verfertigen können.“ Aufgrund der seltenen Anzahl der datierten Abschriften ist es auch schwer zu ermitteln, die Kompositionen Bendas chronologisch im Betracht ziehen. Von seiner Anstellung als Premier Geiger in der königlichen Hofkapelle im Jahr 1740 bis zu seinem Tod 1786 lassen sich die folgenden Ereignisse beobachten, die aber zur konkreten Erfassung seines Lebens ziemlich gering sind. Allgemein ist es zu sagen, dass man die Lebensgeschichte Bendas von den einzelnen Ereignissen nicht gut ergreifen kann.

- 1745 bezüglich des zweiten Schlesischen Kriegs reiste Benda nach Dresden mit dem König und dessen Trupps.

- 1750 besuchte Carl Höckh (1707-1773) nach Berlin, der seit ca. 1725 Benda befreundet wurde und als Konzertmeister in Zerbster Hofkapelle durch die Vermittlung Bendas angestellt wurde.

- 1751 reiste Benda nach Strelitz. Laut seiner Autobiographie besuchte Benda jährlich den Hof Karl zu Mecklenburg in Mirow (1708-1752),[6] der der Verwandter der Herzogsfamilie von Mecklenburg-Strelitz war. Benda habe dortige Hofkapelle gelehrt und ihn einige Violinsonate gewidmet. In diesem Jahr reiste er auch nach Bayreuth und Dresden. 

- 1755 reiste Benda nach Schlesien.

- 1756 feierte Benda die Goldene Hochzeit seiner Eltern, die er nach Potsdam um 1742 herbeirief.

- 1757 bis 1760 besuchte Benda das Winterquartier, das aufgrund des Siebenjährigen Kriegs von Friedrich jedes Jahr in den unterschiedlichen Ort aufgestellt wurde (1757/58: Schlesien, 1758/59: Breslau, 1759/60, Leipzig. Dort habe der König die Todesnachricht von C. H. Graun durch Benda mitgeteilt.[7]

- 1761 reiste Benda mit seiner zweitältesten Tochter Maria Carolina (1742-1820) nach Weimar und Gotha. In Gotha ist sein Brüder Georg Anton (1722-1795) als Kapellmeister tätig gewesen.

- 1766 bekam Benda den Besuch Christoph Bodes (1730-1793); darüber wurde von ihm konkret erzählt.[8]

- 1771 übernahm Benda die Konzertmeisterstelle, aufgrund des Tods von J. G. Graun. Er bekam auch den Besuch Johann Friedrich Reichardts (1752-1814), der nachher sein Schwiegersohn wurde und durch die Empfehlung Bendas 1775 als Kapellmeister der Hofkapelle angestellt wurde, dessen Stelle seit den Tod C. H. Grauns 1759 vakant geblieben war.  

- 1772 erhielt Benda den Besuch Charles Burneys (1726-1814), der in seinem Tagebuch konkret erwählt wurde.[9] In demselben Jahr besuchte Antonio Lolli (ca. 1725-1802) auch ihn. 

- 1775 ging Benda mit J. F. Reichardt zusammen dem Hof Friedrichs hin, und empfahl ihn dem König als Kapellmeister.

 

Dass Benda in der Hofkapelle bedeutsam und einflussreich war, ist von den Zeitgenossen berichtet. J. F. Reichardt und Gertrud Elisabeth Mara (1749-1833) beide berichten, dass sie dem König Friedrich II. durch Benda vorstellen ließen. Die Tatsache, dass Benda von Friedrich als Persönlichkeit ziemlich viel vertraut wurde, lässt sich von einigen Anekdoten vermuten, die sich um wichtige Szenen der Musikpflege Friedrichs handeln. Der Tod Grauns wurde erst von Benda nach Friedrich informiert: Friedrich habe geweint und gesagt, „einen solchen Sänger werden wir nicht wieder hören“.[10] Bei der Aufführung des von Quantz unvollständig gelassenen letzten Konzerts habe Friedrich an Benda gesagt; „Man sieht, Quanz ist mit sehr guten Gedanken aus der Welt gegangen.“[11] Als er die Fähigkeit des Flötenspiels aufgrund der schlechten Kondition der Zähne verlor, habe er an Benda sein trauriges Gefühl mitgeteilt; „mein lieber Benda, ich habe meinen besten Freund verloren.“[12] Georg Thouret erachtet, dass Benda „von allen Musikern des Friedericianischen Hofes als Mensch dem Herzen des Königs am nächsten“ gestanden habe.[13]

 

Dass Benda als Lehrer zahlreichende Schüler hatte und eine vortreffliche Leistung zeigte, weisen die umfangreichen Abschriften seiner Kompositionen auf. Dies bezieht sich auf das Ziel dieser Arbeit, die unter der direkten Beziehung mit Benda entstandenen Quellen zu ermitteln. Dienstlich lehrte er die jüngere bzw. nachtretende Musiker in der Hofkapelle sowohl im Bereich der Instrumental- aber auch als Singmusik, da er bis ca. 1735 auch als Sänger seine Tonkunst vortrefflich vorstellte. Benda erzog die Schüler auch privat, unter denen lassen sich z. B. Johann Wilhelm Hertel (1727-1789) und Friedrich Wilhelm Rust (1739-1796) zählen. Die Schüler, die aufgrund ihrer Abschreibungen der Kompositionen Bendas anerkannt werden können, bleiben aber größtenteils anonym.

 

Seiner Persönlichkeit wegen wurde er auch von den Zeitgenossen hochgeschätzt. Burney habe ihn „als einen treuherzigen, dienstfertigen und sehr verständigen Mann“ gefunden, „und der alle die Bescheidenheit eines wahrhaftig grossen Genies besitzt.“[14] In der Übersetzung vom Burneys Tagebuch berichtet Christoph Bode Benda ziemlich konkret, weil er „als Musikus und als Mensch meinem Herzen ergebne Dankbarkeit und wahre Hochachtung eingeflösset“ habe.[15]

[1] Hiller, „Lebenslauf des Herrn Franz Benda“, S. 176.

[2] Johann Adam Hiller, „Zusatz, zu dem Lebenslauf des Herrn Franz Benda“, in: Ders, Wöchentliche Nachrichten und Anmerkungen, die Musik betreffend 35 (1767), S. 272-273.

[3] J. J. Quantz und C. H. Graun sind beide erst nach der Thronsteigerung Friedrichs in seiner Hofkapelle angestellt worden.

[4] Hiller, „Benda. (Franz)“, S. 43.

[5] Bode, Tagebuch seiner musikalischen Reisen, S. 90.

[6] Benda, „Autobiographie“, S. 158. Ob die Abschriften der Violinsonaten, die sich heute in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern Günther Uecker befinden, mit den ihm gewidmeten Violinsonaten identisch sind, ist nicht zu ermitteln.

[7] „Als nämlich Franz Benda dem Könige, der damals in Dresden Winterquartiere hielt, die Nachricht von dem traurigen Tode Grauns brachte, weinte der König und sagte: „Einen solchen Sänger werden wir nicht wieder hören.“ Grauns Gesang war also das erste, was der König beklagte; und er wußte doch, und weiß gewiß noch jetzt Grauns Compositionen zu schätzen.“ Vgl. Johann Adam Hiller, „Graun (Carl Heinrich): Königl. Preußischer Kapellmeister“, in: Ders, Lebensbeschreibungen berühmter Musikgelehrten und Tonkünstler neurer Zeit, Leipzig 1784, Faks.-Nachdr. Leipzig 1979, S. 76-98, hier S. 95. 

[8] Bode, Tagebuch einer musikalischen Reise, S. 91-92.

[9] Charles Burney, The Present State of Music in Germany, the Netherlands, and United Provinces, Vol. 3, London 1773, S. 127-140. Dieselbe Stelle kann man in der Übersetzung Bodes auch erkennen, vgl. Bode, Tagebuch einer musikalischen Reise, S. 89-101.  

[10] Hiller, „Graun (Carl Heinrich)“, S. 95. 

[11] „Dieses Adagio, das letzte Werk dieses Komponisten, hatte eine simple und sehr rührende Melodie. Der König sagte, nachdem Er dieses Koncert mit seiner Kammermusik gespielt hatte, zum sel. Koncertmeister Franz Benda: „Man sieht, Quanz ist mit sehr guten Gedanken aus der Welt gegangen.““ Vgl. Friedrich Nicolai, Anekdoten von König Friedrich II. von Preussen, und von einigen Personen, die um Ihn waren, drittes Heft, Berlin 1789, Faks-Nachdr. Hildesheim u. a. 1985, S. 251.

[12] „Er verlor im Sommer auch einen seiner vordern Zähne, und die Gichtgeschwulst in den Händen ward merklich stärker. So bald er im Winterquartier war, wollte er indeß wieder zu blasen versuchen, fand aber das es nicht ging; und als er das Frühjahr drauf wieder nach Potsdam kam, ließ er all seine Flöten und Musikalien einpacken, und sagte einst mit gerührtem Tone zu dem alten Concertmeister Franz Benda; ”mein lieber Benda, ich habe meinen besten Freund verloren.”“ Vgl. Johann Friedrich Reichardt, „Musikalische Anekdoten von Friedrich dem Grossen“, in: Ders, Musikalisches Kunstmagazin, zweiter Band, Leipzig 1791, S. 40.

[13] Georg Thouret, Friedrich der Grosse als Musikfreund und Musiker, Leipzig 1898, S. 125.

[14] Bode, Tagebuch einer musikalischen Reise, S. 89.

[15] Ebenda, S. 92.

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